Drei Monarchen und ihre Wege zum Doppeltitel
Der preußische Monarch Wilhelm I., Franz Joseph I. von Österreich und die britische Queen Victoria zählen zu den berühmtesten Monarchen Europas. Sie eint die Gemeinsamkeit, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sowohl den Kaiser- als auch Königstitel getragen zu haben. Die Rolle als „Doppelmonarchen“ haben sie dabei auf unterschiedliche Weise erreicht.
Als erster dieser drei Herrscher trug Franz Joseph beide Titel. Aufgrund des damaligen Vielvölkerstaats, den die Habsburger regierten, war er bereits bei der Thronbesteigung 1848 Kaiser von Österreich sowie König von Ungarn, Böhmen sowie von Kroatien-Slawonien und Dalmatien. 1867 erfuhr sein ungarischer Königstitel durch den österreichisch-ungarischen Ausgleich eine neue Legitimation. Ungarn wurde zwar eigenständig, jedoch entstand eine Realunion mit Österreich, da Franz Joseph zum Apostolischen König von Ungarn gekrönt wurde und somit Staatsoberhaupt Ungarns blieb (bzw. nun anerkannt wurde). Das Habsburger Reich wurde fortan auch als kaiserliche und königliche (kurz: k.u.k.) Doppelmonarchie bezeichnet.
Auf deutschem Boden kam es hingegen 1871 mit der Gründung des Deutschen Reiches zur Bildung eines Nationalstaates, dem ebenfalls ein Kaiser als Staatsoberhaupt vorstehen sollte. Vorangegangen waren die drei sog. Einigungskriege, der Deutsch-Dänische Krieg 1864, der Deutsche Krieg 1866 und Deutsch-Französische Krieg 1870/71. Alle drei wurden in erster Linie vom größten deutschen Teilstaat geführt, dem Königreich Preußen, dessen König seit 1861 Wilhelm I. war. Beim Deutsch-Französischen Krieg schloss Preußen die Reihen nicht nur mit den Bündnispartnern des Norddeutschen Bundes, sondern auch mit den süddeutschen Ländern, insbesondere den Königreichen Bayern und Württemberg sowie dem Großherzogtum Baden. Wilhelm I. beugte sich dem Bestreben seines preußischen Ministerpräsidenten (und dann deutschen Kanzlers) Bismarck, den Kaisertitel anzunehmen, obwohl er die preußische Königswürde als wichtiger erachtete. Überliefert ist sogar ein Zitat Wilhelms vom Vorabend der Kaiserproklamation, die am 18. Januar 1871 im Spiegelsaal des Schlosses Versailles vor den Toren Paris‘ stattfand: „Morgen ist der unglücklichste Tag meines Lebens! Da tragen wir das preußische Königtum zu Grabe.“ Dennoch erfüllte er seine Pflicht als Deutscher Kaiser in den folgenden 17 Jahren so gut, dass nach seinem Tod im März 1888 das Volk seine Sympathie zum Hohenzollern-Monarchen bekundete, indem es die Zeile „Wir wollen unseren alten Kaiser Wilhelm wieder haben“ zur Melodie des „Fehrbelliner Reitermarschs“ intonierte.
Die britische Königin Victoria, die mit den Hohenzollern durch die Hochzeit ihrer Kinder (Victorias älteste Tochter Victoria heiratete 1858 den preußischen Kronprinzen Friedrich III.) verbunden war, bestieg den Königsthron zwar 24 Jahre vor Wilhelm I. und 11 Jahre vor Franz Joseph. Doch die Ehre, einen Doppeltitel zu tragen, erhielt sie erst als letzte dieser drei Herrscher. Am 1. Mai 1876 nahm sie im Zuge des „Royal Title Act“ den Titel als Kaiserin von Indien an. Die offizielle Proklamation erfolgte am 1. Januar 1877 in Delhi – in Abwesenheit Victorias. Die Initiative ging auf den britischen Premierminister Benjamin Disraeli zurück, der Victorias Gleichstellung mit Franz Joseph, Wilhelm I. und auch dem russischen Zaren Alexander II. sicherstellen wollte. Damit sollte verdeutlicht werden, dass Indien – damals größer als der heutige Staat umfasste es auch Pakistan, Bangladesch und Myanmar – Teil des British Empire war.